EINGEDENK DER HL. APOLLONIA / HEUTE WAR ICH BEIM ZAHNARZT Poem by Nora-Eugenie Gomringer

EINGEDENK DER HL. APOLLONIA / HEUTE WAR ICH BEIM ZAHNARZT

Und ich war sperrangelweit,
eine große Wunde mein Mund.
Zeugnis der Feste und Fülle.
Die Lider starr vom bohrenden Schmerz,
die Hände hielten sich wie Idioten, doch
ahnend, dass ihnen das Halten
gar nichts bringt.
Aus Amalgam tormte kunstfertig,
auskunftsfrei der Riese in seinem Tempel
- fast noch am Sabbat -
eine winzige Blüte und grub sie in ein Loch.
Seit wann habe ich dieses Loch, oh Herr? Was bedeutet es,
ein Loch mit sich herumzuführen? Einen Nichtort, ein Paradies
verinnerlicht. Fast wollt ich rufen: Dieses Loch, so scheint mir's,
das bin ich. Nehmen Sie es nicht aus dieser Welt!

Da war ich längst floriert, fluoridiert,
verschlossen: ein Mädchen
vor seiner Zeit.

COMMENTS OF THE POEM
READ THIS POEM IN OTHER LANGUAGES
Close
Error Success